Europa: Fach­ta­gung «Vali­da­ti­on of Non-formal and Infor­mal Lear­ning»

Die öster­rei­chi­sche Agen­tur Eras­mus+ Edu­ca­ti­on hat am 9. Novem­ber 2016 eine ECVET-Fach­ta­gung für inter­na­tio­na­le Exper­ten zum Thema «Vali­da­ti­on of Non-formal and Infor­mal Lear­ning» orga­ni­siert. Vertreter/​innen aus meh­re­ren Län­dern (Schweiz, Nie­der­lan­de, Öster­reich, Frank­reich) haben ihre natio­na­len Erfah­run­gen zur Vali­die­rung vor­ge­stellt. Finn­land zum Bei­spiel hat ein Berufs­bil­dungs­sys­tem ent­wi­ckelt, das auf Kom­pe­tenz­punk­ten gemäss dem Modell ECVET beruht.

Quelle: Pan​ora​ma​.news 7.12.16, pyp

Buch «Berufs­ab­schluss für Erwach­se­ne in der Schweiz» erschie­nen, Ein­la­dung zur Ver­nis­sa­ge

Der hep-verlag lädt auf den 30. Juni 2016 zur Ver­nis­sa­ge ein, vgl. Flyer. Gäste sind will­kom­men!

Die Ver­an­stal­tung findet im Anschluss an den um 17.15 begin­nen­den Vor­trag «Berufs­bil­dung für Erwach­se­ne: Initia­ti­ven auf Bun­des­ebe­ne» statt, der eben­falls öffent­lich ist und eine Über­sicht über den Stand der Arbei­ten im SBFI und in ande­ren Bun­des­äm­tern geben wird. (Anmel­dung an Markus.maurer@phzh.ch )

Berufs­bil­dung für Erwach­se­ne: Öster­reich zielt mit der Vali­die­rung auf Gleich­wer­tig­keit, nicht auf Gleich­ar­tig­keit der Abschlüs­se.

Leben­lan­ges Lernen, ori­en­tiert an EU-Leit­li­ni­en zur Vali­die­rung

In Öster­reich wird im Rahmen eines Pro­gramm für das Lebens­lan­ge Lernen (LLL:2020) seit län­ge­rer Zeit inten­siv an Ver­fah­ren zur «Aner­ken­nung und Zer­ti­fi­zie­rung von Kom­pe­ten­zen» gear­bei­tet, wor­un­ter die Umset­zung der 2009 ver­öf­fent­lich­ten «Euro­päi­schen Leit­li­ni­en für die Vali­die­rung nicht for­ma­len und infor­mel­len Ler­nens», bzw. der 2015 über­ar­bei­te­ten Ver­si­on der Leit­li­ni­en ver­stan­den wird. Gemäss den 2012 ver­ab­schie­de­ten Emp­feh­lung zur Vali­die­rung nicht­for­ma­len und infor­mel­len Ler­nens“ der EU sind ja die Mit­glied­staa­ten gehal­ten, bis 2018 natio­na­le Vali­die­rungs­stra­te­gi­en zu ent­wi­ckeln.

Im Juni 2015 wurde vom zustän­di­gen Bun­des­mi­nis­te­ri­um Öster­reichs ein Kon­sul­ta­ti­ons­do­ku­ment zur «Vali­die­rung nicht-for­ma­len und infor­mel­len Ler­nens» publi­ziert. Es gibt einen guten Über­blick über die Ent­wick­lun­gen der EU-Beschlüs­se und Hin­wei­se auf die lau­fen­den Pro­gram­me in Öster­reich (insb. S. 12), wie wir sie im Buch «Maurer, Wett­stein, Neu­haus: Berufs­ab­schluss für Erwach­se­ne in der Schweiz» Kapi­tel 8.2, dar­ge­stellt haben.

Ver­ständ­nis des Vali­die­rungs­ver­fah­rens

Das Ver­fah­ren wird in die auch andern­orts gebräuch­li­chen vier Phasen Iden­ti­fi­ka­ti­on /​ Doku­men­ta­ti­on /​ Assessment/​Über­prü­fung /​Zer­ti­fi­zie­rung ein­ge­teilt. Neu wird zwi­schen «Metho­den und Instru­men­ten zur Mes­sung, Fest­stel­lung und Über­prü­fung von Kom­pe­ten­zen und sol­chen zur Iden­ti­fi­zie­rung und Doku­men­ta­ti­on unter­schie­den. Zu den Ers­te­ren gehö­ren Tests, Prü­fun­gen, Selbst­be­schrei­bun­gen, Beob­ach­tung, Assess­ments und Inter­views. Zwei­te­re bestehen z.B. in Port­fo­li­os, Lebens­lauf und Fremd­ein­schät­zung.»

Prü­fun­gen und Test sind also nicht eine Alter­na­ti­ve zur Vali­die­rung, son­dern Mittel im Rahmen eines Vali­die­rungs­ver­fah­rens.

Inter­es­sant und für mich neu ist die Unter­schei­dung zwi­schen nor­ma­ti­ver und sum­ma­ti­ver Vali­die­rung:

«Ansät­ze der «for­ma­ti­ven Vali­die­rung» … sind per­so­nen­be­zo­gen oder indi­vi­du­ums-ori­en­tiert. Ergeb­nis ist der Nach­weis von Kom­pe­ten­zen unab­hän­gig von defi­nier­ten Stan­dards des Qua­li­fi­ka­ti­ons­sys­tems. Der Fokus liegt häufig auf der Iden­ti­fi­ka­ti­on und Doku­men­ta­ti­on von Lern­er­geb­nis­sen.

Ansät­ze der «sum­ma­ti­ven Vali­die­rung» … sind anfor­de­rungs- oder stan­dard­be­zo­gen. Ergeb­nis ist der Erwerb einer Qua­li­fi­ka­ti­on (oder eines Qua­li­fi­ka­ti­ons­teils) aus dem for­ma­len oder nicht-for­ma­len Bereich, d.h., die Lern­er­geb­nis­se der/​des Ein­zel­nen werden anhand der ent­spre­chen­den Stan­dards einer for­ma­len bzw. nicht-for­ma­len Qua­li­fi­ka­ti­on über­prüft und bestä­tigt. Der Fokus liegt dabei auf der Bewer­tung und Zer­ti­fi­zie­rung von Lern­er­geb­nis­sen.» (Kon­sul­ta­ti­ons­do­ku­ment, S. 7f)

Aus­rich­tung an den NQR, nicht an Lehr­be­ru­fen

Am inter­es­san­tes­ten finde ich jedoch die bereits im oben genann­ten Buch erwähn­te Aus­rich­tung auf den Natio­na­len Qua­li­fi­ka­ti­ons­rah­men (NQR).

Es geht um die Frage, an wel­chen «Stan­dards» sich die «sum­ma­ti­ve Vali­die­rung» ori­en­tie­ren soll. In der Schweiz sind dies im Rahmen der Grund­bil­dung durch­wegs und aus­schliess­lich die übli­cher­wei­se formal erwor­be­nen Eidg. Fähig­keits­zeug­nis­se und Berufs­at­tes­te (EFZ, EBA). Die ana­lo­gen Abschlüs­se Öster­reichs werden im «Kon­sul­ta­ti­ons­do­ku­ment» mit keinem Wort erwähnt. Öster­reich leitet die Stan­dards aus dem NQR ab, bzw. erwar­tet, dass im NQR neben den formal erwor­be­nen Berufs­ab­schlüs­sen auch infor­mell und non-for­ma­le Abschlüs­se mit ande­ren Inhal­ten auf­ge­nom­men werden: «Der öster­rei­chi­sche NQR ist als umfas­sen­der Rahmen kon­zi­piert. In seiner Umset­zung sollen sowohl Qua­li­fi­ka­tio­nen des for­ma­len Bil­dungs­sys­tems, als auch nicht-for­ma­le Qua­li­fi­ka­tio­nen (z.B. aus der beruf­li­chen Wei­ter­bil­dung, Erwach­se­nen­bil­dung) einem der acht Niveaus zuge­ord­net werden können.» (S. 8) Bereits heute exis­tie­ren eine Reihe von Mass­nah­men zum «Erwerb von Qua­li­fi­ka­tio­nen ohne Ent­spre­chung im for­ma­len System (z.B. Wei­ter­bil­dungs­aka­de­mie)» (S. 12). Es wird also neben den formal erwor­be­nen Grund­bil­dun­gen für Jugend­li­che zusätz­lich Abschlüs­se geben, die in der Wei­ter­bil­dung erwor­ben werden, viel­leicht ähn­lich den «Umschu­lungs­be­ru­fen» des deut­schen Bil­dungs­we­sens.

Gleich­wer­tig­keit statt Gleich­ar­tig­keit

Öster­reich strebt also mit der Vali­die­rung nicht oder nicht immer eine Gleich­ar­tig­keit von formal und nicht-formal erwor­be­nen Qua­li­fi­ka­tio­nen an, son­dern eine Gleich­wer­tig­keit. Auf­ga­be des NQR ist u.a. «die För­de­rung der Durch­läs­sig­keit inner­halb und zwi­schen den for­ma­len und nicht- for­ma­len Berei­chen des Qua­li­fi­ka­ti­ons­sys­tems im Sinne des lebens­be­glei­ten­den Ler­nens, und damit die Stär­kung von Prin­zi­pi­en und Metho­den der gegen­sei­ti­gen Aner­ken­nung und Anrech­nung von Qua­li­fi­ka­tio­nen.» (S. 14f)

Erwäh­nens­wert ist in diesem Zusam­men­hang, dass bei den ersten, vom Bund Schwei­zer Frau­en­ver­ei­ne ange­stos­se­nen Bemü­hun­gen zur Schaf­fung eines schwei­ze­ri­schen Vali­die­rungs­ver­fah­rens (Buch S. 31) auch eine Gleich­wer­tig­keit von infor­mell erwor­be­nem Können ange­strebt wurde.

Quelle: erwach​se​nen​bil​dung​.at

Öster­reich: «Du kannst was!»

In Ober­ös­ter­reich wurde unter diesem Titel von den Sozi­al­part­nern in Zusam­men­ar­beit mit dem Land ein Modell zum Vali­die­ren von beruf­li­chen Kom­pe­ten­zen ent­wi­ckelt, «Du kannst was!» Ent­spre­chen­de Ange­bo­te gibt es heute für zwölf Berufe, zwei wei­te­re Bun­des­län­der haben das Modell über­nom­men, die Akzep­tanz in der Wirt­schaft ist gross, das Inter­es­se am Modell beein­dru­ckend, vgl. unsere Dar­stel­lung.