Am 29. November 2011 führte die Conférence romande de la formation continue eine Tagung zum Thema «Validation des acquis» durch. Unter anderem sprach dort Christian Bonvin, Office d’orientation scolaire et professionnelle du Valais romand, über die Entwicklung der Validierung. Er zeigte auf, wie sich der Gedanke der Validierung von Kompetenzen im letzten Jahrhundert in Kanada, den USA und Frankreich entwickelt hat - mit dem ersten Ausläufer in die Schweiz 1985 in der Form der in Genf realisierten «bilans de compétences et l’accès à l’enseignement supérieur». Wie dann in den 90-er Jahren die Arbeit auch in der Schweiz aufgenommen wurde, nicht zuletzt mit der Realisierung der «reconnaissance institutionnelle» (RI) 1997 im Kanton Wallis, basierend auf der Zusammenarbeit von Berufsberatung und Arbeitsmarktbehörde.
Kategorie: Validierungsverfahren
Der Leitfaden Validierung wird in der zweiten Jahreshälfte 2017 nochmals überarbeitet.
Ein Schreiben des Staatssekretariates für Bildung, Forschung und Innovation SBFI vom 14. Juni 2017 gibt einen Überblick über den Stand der Arbeiten an den beiden «Leitfäden», die im Rahmen des Projekts «Berufsabschluss und Berufswechsel für Erwachsene» beim ASBFI in Arbeit sind.
Der Kanton Jura berichtet über die ersten 100 Abschlüsse via Validierung.
Der Kanton Jura führt seit 2013 ein Programm zur Förderung der Berufsabschlüsse für Erwachsene. Seither haben 86 Frauen und 14 Männer einen Abschluss via Validierung erworben. Für die Erstellung des Dossiers haben sie 200 bis 400 Stunden aufgewendet. Das Verfahren nimmt im Durchschnitt 1,5 Jahre in Anspruch.
Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden zur Teilnahme an einem Validierungsverfahren ermutigen, erhalten aus dem kantonalen Berufsbildungsfond eine Entschädigung.
Quelle: Medienmitteilung
Es tut sich was: Handbuch Berufliche Grundbildung für Erwachsene, Validierung Medizinische/r Praxisassistent/in EFZ, Plakatwerbung
Es scheint, dass 2017 Einiges in Gang kommt:
- Das SBFI unterbreitet ein «Handbuch Berufliche Grundbildung für Erwachsene» zur Stellungnahme (Download, Frist bis 15. Mai 2017).
- Der Kanton Zürich bietet für Interessierte aus der ganzen Deutschschweiz ein Validierungsverfahren für den Erwerb des Abschlusses «Medizinische/r Praxisassistent/in EFZ» an. Am 16. März findet/fand der erste «Obligatorische Informationsanlass» für Interessierte statt. (Mehr dazu beim biz Oerlikon).
- Das Laufbahnzentrum der Stadt Zürich wirbt mit Plakaten im Weltformat für eine kostenlose Beratung.
Hoffen wir, dass sich auch finanziell einiges tut: Wer über die nötigen Qualifikationen verfügt kann sich diese via Validierung oder direktem Zugang zur Abschlussprüfung mit bescheidenen Kosten anerkennen lassen. Wer aber einen grossen Teil der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten zuerst erwerben muss, ist auch als Erwachsener meist gezwungen eine Berufslehre zu absolvieren. Zwar wird der Lehrlingslohn oft etwas angehoben. Aber es entsteht trotzdem ein fünfstelliges Loch bei der Finanzierung des Lebensunterhalts. Glücklich, wer dieses Loch via Sozialhilfe oder Arbeitslosenversicherung schliessen kann. Viele Interessierte scheitern heute aber an diesem Problem, vor allem wenn sie eine Familie zu ernähren haben!
Validierungsverfahren in der beruflichen Grundbildung: Leitfaden in der Anhörung
Der Leitfaden «Validierung von Bildungsleistungen» in der beruflichen Grundbildung wurde im Rahmen des Projektes Berufsabschluss und Berufswechsel für Erwachsene des SBFI überarbeitet. Am 21. Dezember 2016 gab das Staatssekretariat die überarbeitete Fassung in die Anhörung. Stellungnahmen sind bis 16. März 2017 einzureichen.
Die Unterlagen können von www.sbfi.admin.ch/vernehmlassung heruntergeladen werden. Der neue Leitfaden soll auf 1.1. 2018 in Kraft gesetzt werden.
In der Einleitung des Leitfadens wird die Revision wie folgt umschrieben: «Die vorliegende Überarbeitung des Leitfadens zur Validierung von Bildungsleistungen in der beruflichen Grundbildung präzisiert insbesondere die rechtliche Grundlage, reduziert die Anzahl der Zusatzdokumente und führt Regelungen für andere Qualifikationsverfahren sowie entsprechende Ausführungsbestimmungen ein. Für die Umsetzung der Validierung von Bildungsleistungen in den Kantonen ergeben sich im Vergleich zum Leitfaden vom September 2010 nur geringfügige Änderungen.»
Der Aufbau der revidierten Fassung stimmt mit der Ausgabe 2010 überein, so dass ein Vergleich gut möglich ist. Er zeigt, dass verschiedene Präzisierungen aus den bisherigen Zusatzdokumenten in den Leitfaden übernommen wurden. Weiterhin besteht das Validierungsverfahren aus fünf Phasen, von denen die vierte als «Validierung» bezeichnet wird. Als Schwerpunkt wird Phase 2 «Bilanzierung» bezeichnet, wobei hervorgehoben wird, dass die Bilanzierung auch wertvoll ist, wenn kein Berufsabschluss angestrebt wird.
Der Leitfaden beschäftigt sich ausschliesslich mit der Anerkennung vorhanden Qualifikation. Die Vermittlung von Qualifikationen («ergänzende Bildung») wird nur am Rande gestreift. Die Begleitung, deren Bedeutung ja immer mehr erkannt wird, beschränkt sich auf Unterstützung bei der Erstellung der Validierungsdossiers.
Die Arbeiten am zweiten Leitfaden, Arbeitstitel «Erwachsenengerechtes Ausbilden und Prüfen», sind ebenfalls weit fortgeschritten; er soll demnächst in die Anhörung gehen.
Interpellation (NR): Zugang zur Arbeit für Migrant/innen durch Validierung fördern
NR Jacques-André Maire reichte am 15. März 2016 eine Interpellation mit dem Titel «Favoriser l’accès au travail pour les personnes au bénéfice du statut de réfugié et d’une admission provisoire par la validation des acquis» ein. (16.3091) Er fragt darin den BR, ob er im Validierungsverfahren auch ein besonders gutes Instrument sähe um die Integration von vorläufig Aufgenommen und Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt und die Bildung zu erleichtern. Ob er zudem bereits sei, die Kantone und OdA zu ermutigen, systematischer auf dieses Instrument zurückzugreifen.
Update 4. Mai 2016: Stellungnahme des BR
Ziel des Validierungsverfahrens ist nicht eine allgemeine Kompetenzbilanzierung, sondern die Zertifizierung eines eidgenössisch anerkannten Abschlusses. Es eignet sich nur, wenn interessierte Personen die erforderlichen Praxisjahre vorweisen und vergleichbare Kenntnisse haben. Zurzeit werden Grundlagen für die Anrechnung von Bildungsleistungen und erwachsenengerechte Angebote entwickelt. Die Verbesserung der beruflichen Integration von vorläufig Aufgenommenen und Flüchtlingen ist ein wichtiges Anliegen des Bundesrats. Weitere Massnahmen werden gemeinsam von SBFI und SEM geprüft.
Berufsbildung für Erwachsene: Österreich zielt mit der Validierung auf Gleichwertigkeit, nicht auf Gleichartigkeit der Abschlüsse.
Lebenlanges Lernen, orientiert an EU-Leitlinien zur Validierung
In Österreich wird im Rahmen eines Programm für das Lebenslange Lernen (LLL:2020) seit längerer Zeit intensiv an Verfahren zur «Anerkennung und Zertifizierung von Kompetenzen» gearbeitet, worunter die Umsetzung der 2009 veröffentlichten «Europäischen Leitlinien für die Validierung nicht formalen und informellen Lernens», bzw. der 2015 überarbeiteten Version der Leitlinien verstanden wird. Gemäss den 2012 verabschiedeten Empfehlung zur Validierung nichtformalen und informellen Lernens“ der EU sind ja die Mitgliedstaaten gehalten, bis 2018 nationale Validierungsstrategien zu entwickeln.
Im Juni 2015 wurde vom zuständigen Bundesministerium Österreichs ein Konsultationsdokument zur «Validierung nicht-formalen und informellen Lernens» publiziert. Es gibt einen guten Überblick über die Entwicklungen der EU-Beschlüsse und Hinweise auf die laufenden Programme in Österreich (insb. S. 12), wie wir sie im Buch «Maurer, Wettstein, Neuhaus: Berufsabschluss für Erwachsene in der Schweiz» Kapitel 8.2, dargestellt haben.
Verständnis des Validierungsverfahrens
Das Verfahren wird in die auch andernorts gebräuchlichen vier Phasen Identifikation / Dokumentation / Assessment/Überprüfung /Zertifizierung eingeteilt. Neu wird zwischen «Methoden und Instrumenten zur Messung, Feststellung und Überprüfung von Kompetenzen und solchen zur Identifizierung und Dokumentation unterschieden. Zu den Ersteren gehören Tests, Prüfungen, Selbstbeschreibungen, Beobachtung, Assessments und Interviews. Zweitere bestehen z.B. in Portfolios, Lebenslauf und Fremdeinschätzung.»
Prüfungen und Test sind also nicht eine Alternative zur Validierung, sondern Mittel im Rahmen eines Validierungsverfahrens.
Interessant und für mich neu ist die Unterscheidung zwischen normativer und summativer Validierung:
«Ansätze der «formativen Validierung» … sind personenbezogen oder individuums-orientiert. Ergebnis ist der Nachweis von Kompetenzen unabhängig von definierten Standards des Qualifikationssystems. Der Fokus liegt häufig auf der Identifikation und Dokumentation von Lernergebnissen.
Ansätze der «summativen Validierung» … sind anforderungs- oder standardbezogen. Ergebnis ist der Erwerb einer Qualifikation (oder eines Qualifikationsteils) aus dem formalen oder nicht-formalen Bereich, d.h., die Lernergebnisse der/des Einzelnen werden anhand der entsprechenden Standards einer formalen bzw. nicht-formalen Qualifikation überprüft und bestätigt. Der Fokus liegt dabei auf der Bewertung und Zertifizierung von Lernergebnissen.» (Konsultationsdokument, S. 7f)
Ausrichtung an den NQR, nicht an Lehrberufen
Am interessantesten finde ich jedoch die bereits im oben genannten Buch erwähnte Ausrichtung auf den Nationalen Qualifikationsrahmen (NQR).
Es geht um die Frage, an welchen «Standards» sich die «summative Validierung» orientieren soll. In der Schweiz sind dies im Rahmen der Grundbildung durchwegs und ausschliesslich die üblicherweise formal erworbenen Eidg. Fähigkeitszeugnisse und Berufsatteste (EFZ, EBA). Die analogen Abschlüsse Österreichs werden im «Konsultationsdokument» mit keinem Wort erwähnt. Österreich leitet die Standards aus dem NQR ab, bzw. erwartet, dass im NQR neben den formal erworbenen Berufsabschlüssen auch informell und non-formale Abschlüsse mit anderen Inhalten aufgenommen werden: «Der österreichische NQR ist als umfassender Rahmen konzipiert. In seiner Umsetzung sollen sowohl Qualifikationen des formalen Bildungssystems, als auch nicht-formale Qualifikationen (z.B. aus der beruflichen Weiterbildung, Erwachsenenbildung) einem der acht Niveaus zugeordnet werden können.» (S. 8) Bereits heute existieren eine Reihe von Massnahmen zum «Erwerb von Qualifikationen ohne Entsprechung im formalen System (z.B. Weiterbildungsakademie)» (S. 12). Es wird also neben den formal erworbenen Grundbildungen für Jugendliche zusätzlich Abschlüsse geben, die in der Weiterbildung erworben werden, vielleicht ähnlich den «Umschulungsberufen» des deutschen Bildungswesens.
Gleichwertigkeit statt Gleichartigkeit
Österreich strebt also mit der Validierung nicht oder nicht immer eine Gleichartigkeit von formal und nicht-formal erworbenen Qualifikationen an, sondern eine Gleichwertigkeit. Aufgabe des NQR ist u.a. «die Förderung der Durchlässigkeit innerhalb und zwischen den formalen und nicht- formalen Bereichen des Qualifikationssystems im Sinne des lebensbegleitenden Lernens, und damit die Stärkung von Prinzipien und Methoden der gegenseitigen Anerkennung und Anrechnung von Qualifikationen.» (S. 14f)
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass bei den ersten, vom Bund Schweizer Frauenvereine angestossenen Bemühungen zur Schaffung eines schweizerischen Validierungsverfahrens (Buch S. 31) auch eine Gleichwertigkeit von informell erworbenem Können angestrebt wurde.
Quelle: erwachsenenbildung.at
Validierungsverfahren: Fortschritte im Kanton Zürich
Erstmals soll es mit dem Validierungsverfahren auch möglich sein, ein Berufsattest zu erwerben, den Abschluss «Assistent/in Gesundheit und Soziales». Anbieter ist der Kanton Zürich, der zudem seine Validierungsverfahren praxisbezogener ausrichten wird. (Medienmitteilung)
Frankreich: Das Verfahren zur Anerkennung informell erworbener Qualifikationen wird überprüft.
Vor 14 Jahren wurde in Frankreich die «validation des acquis de l’expérience» (VAE) als Instrument lanciert, die im Laufe des Arbeitslebens erworbenen Erfahrungen durch Ausstellung von anerkannten Ausweisen einen Wert zu geben. (Loi de modernisation sociale du 17 janvier 2002) Die Vorstellung war, das jährlich 60’000 Personen das Verfahren durchlaufen und auf diese Weise anerkannte Abschlüsse erwerben sollten. Es waren aber lediglich 16’000 pro Jahr. Die VAE sei zwar anerkannt aber zu kompliziert in der Durchführung.
Am 16. Dezember 2015 hat Premierminister Manuel Valls eine Evaluation des Verfahrens angeordnet: L’objectif de ces évaluations est de réinterroger les politiques publiques, leurs résultats, leur utilité et leur adéquation avec les attentes des bénéficiaires. Sie steht unter der doppelten Leitung der Ministerien für Bildung und Arbeit und soll innert fünf Monaten zu konkreten Massnahmen führen. Eine Aufzählung der Institutionen, die einbezogen werden, macht deutlich, wie breit und komplex die institutionelle Verankerung des Verfahrens ist.
D: ValiKom - eine von Arbeitgeberseite breit abgestützte Initiative zur Anerkennung informell erworbener Kompetenzen
Die deutsche Bundesbildungsministerin Johanna Wanka hat eine Aktion vorgestellt, mit der die non-formal oder informell erworbenen Qualifikationen von jüngeren Erwachsenen anerkannt werden sollen, ohne «Aufbau eines parallelen Regelwerks zum formalen Prüfungswesen». Im Rahmen der Initiative ValiKom soll dazu ein Handlungsleitfaden entwickelt werden, basierend auf einem Abkommen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung mit dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Projektkoordinator ist der Westdeutsche Handwerkskammertag (WHKT), mit dabei ist das Forschungsinstitut für Berufsbildung im Handwerk an der Universität zu Köln.
Neue Publikation zur beruflichen Grundbildung für Erwachsene
Ausgabe 2015-3 der Schweizerischen Zeitschrift für Weiterbildung «EP» enthält ein 30-seitiges Dossier zum Thema «Abschlüsse ermöglichen». Unter anderem wird vom Anerkennungsverfahren des SRK berichtet, in dessen Rahmen jährlich 3000 Anerkennungen ausgesprochen werden. Didier Juillerat betont die Notwendigkeit, neben der Anerkennung bereits erworbener Komptenzen auch «créer de nouvelle main d’oeuvre qualifiée» und stellt als Beispiel die Ausbildung zu Uhrenmacher/innen dar, die seit 20 Jahren modular erfolgt. Erst im Anlaufen ist eine Tessiner Initiative zur Ausbildung von Verkaufspersonal und René Schneebeli fragt, was zu tun ist, damit berufliche Grundbildung für Erwachsene den Kriterien des Bildungsraums Schweiz genügt.
Berufsbildung für Erwachsene im Detaihandel
Der Detailhandel gehört zu den Branchen mit der höchsten Zahl an Berufslernenden. Auch in der Berufsbildung für Erwachsene ist er von besonderer Bedeutung, unter anderem weil alle Wege angeboten werden, die reguläre und die verkürzte Grundbildung, der direkte Zugang zur Abschlussprüfung und das Validierungsverfahren. Auch die Nachfrage war in den vergangenen Jahren relativ gross, einerseits infolge der Ablösung eines Monopolberufes der Post, anderseits im Zusammenhang mit dem Übergang von der zweijährigen Verkaufslehre zur dreijährigen Ausbildung «Detailhandelsfachmann/-frau EFZ». Hier ist ein Bericht darüber abgelegt und hier eine Meldung über ein Pilotprojekt in Bern.
Österreich: «Du kannst was!»
In Oberösterreich wurde unter diesem Titel von den Sozialpartnern in Zusammenarbeit mit dem Land ein Modell zum Validieren von beruflichen Kompetenzen entwickelt, «Du kannst was!» Entsprechende Angebote gibt es heute für zwölf Berufe, zwei weitere Bundesländer haben das Modell übernommen, die Akzeptanz in der Wirtschaft ist gross, das Interesse am Modell beeindruckend, vgl. unsere Darstellung.
Evaluation Validierungsverfahren Kanton Zürich
Das Mittelschul- und Berufsbildungsamt und das Amt für Jugend und Berufsberatung liess eine Evaluation des Validierungsverfahrens der beiden Berufe Fachfrau/-mann Gesundheit EFZ und Fachfrau/-mann Betreuung EFZ durchführen.
Verfahren zur Validierung von Bildungsleistungen
Forscher/innen des EHB inventarisierten die 2011/12 in der Schweiz verwendeten Verfahren zur Validierung von Bildungsleistungen.