Der Bund fördert im Rahmen der Fachkräfteinitiative (FKI) Projekte, die einen Beitrag zur besseren Nutzung des inländischen Fachkräftepotenzials leisten, zum Beispiel für die Nach- und Höherqualifizierung entsprechend den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes. 2018 stehen nochmals 400’000 CHF zur Verfügung, mit denen 8 Projekte gefördert werden sollen. Die Auswahl der Projekte wird vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) nach vorgängig festgelegten Kriterien getroffen. Interessierte können bis zum 15. März 2018 entsprechende Projekte einreichen, vgl. Medienmitteilung.
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Elemente einer gelingenden Berufsbildung für Erwachsene
Die Stanley Thomas Johnson Stiftung gibt zusammen mit dem Kanton Bern 50 Erwachsenen eine «2. Chance auf eine 1. Ausbildung»
Wir haben bereits über das Pilotprojekt «2. Chance auf eine 1. Ausbildung» berichtet: Die Stanley Thomas Johnson Stiftung, Bern, setzt sich für Erwachsene ein, die einen Abschluss erwerben wollen. Ihr Schwerpunkt ist dabei, den Interessierten zu helfen, einen Weg, einen Ausbildungsplatz und eine Finanzierung zu finden. Eine erste Staffel von rund 30 Personen hat 2017 ihr Ausbildung begonnen (Link), nun bekommen weitere 50 Interessierte die Gelegenheit, eine Ausbildung zu planen und aufzunehmen, vgl. Medienmitteilung der Stiftung.
Mehr zu diesem wichtigen, privat initiierten und zusammen mit der Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern (GEF) sowie der Erziehungsdirektion des Kantons Bern (MBA und BIZ) durchgeführten Pionierprojekt ist hier zu finden:
> Vorstellung des Projekts durch den Geschäftsleiter der Stiftung, Guido Münzel, an der PH Zürich, Erfahrungen mit der Ersten Staffel: Präsentation, Zusammenfassung
> Ein Beispiel für die Begleitung von erwachsenen Lernenden, dargestellt durch die auch im Projekt eingesetzte Begleiterin, Fabienne Hostettler, frac Biel: Zusammenfassung
Bund beschliesst Förderung der Grundkompetenzen
Gemäss Beschluss des Bundesrats vom 8. November 2017 unterstützt der Bund ab kommendem Jahr gezielte Weiterbildungen zur Stärkung von Grundkompetenzen. (Medienmitteilung)
Mit dem Förderschwerpunkt «Grundkompetenzen am Arbeitsplatz» hat der Bundesrat eine Massnahme verabschiedet, die im Rahmen der Fachkräfteinitiative entstanden ist. Ziel des Förderschwerpunktes ist es, Arbeitnehmenden zentrale Grundkompetenzen zu vermitteln, die es ihnen erlauben, mit den sich stetig verändernden Anforderungen der Arbeitswelt Schritt zu halten. In Kursen, die auf die konkreten Anforderungen des Arbeitsplatzes abgestimmt sind, sollen sich Arbeitnehmende beispielsweise grundlegende Kompetenzen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien IKT, der Sprache oder der Alltagsmathematik aneignen. Die darin definierten Massnahmen sollen es geringqualifizierten und insbesondere älteren Arbeitnehmenden ermöglichen, im Erwerbsleben zu verbleiben.
Der Schweizerische Gewerbeverband sgv betrachtet dies als «fragwürdige Priorität», (Medienmitteilung) wenn damit auf die Herausforderungen der Digitalisierung reagiert werde: «Lesen, Schreiben und Verstehen sind Grundkompetenzen die in der obligatorischen Schulzeit oder bei spezifischen Nachholkursen angeeignet werden müssen. Den Anforderungen an ein Programm des Bundes mit Fokus auf die Digitalisierung kann das nicht genügen.» Am vierten Nationalen Spitzentreffen der Berufsbildung, am 13. November, hat sich aber die Mehrheit der Verbundpartner für diesen Förderschwerpunkt des WBF ausgesprochen. (Medienmitteilung)
Fachkräfteinititiative: Massnahme 4, Berufsabschluss und Berufswechsel für Erwachsene, auf der Zielgerade
Am 25. Oktober hat der Bundesrat den Zweiten Monitoringbericht zur Fachkräfteinitiative verabschiedet. Gemäss dem Bundesamt für Statistik ist der Anteil der Erwachsenen in der Wohnbevölkerung von 17% (1996) auf 13% (2006) gesunken und soll bis 2025 weiter auf 10% zurück gehen. (S. 25)
Seite 45f geht der Bericht auf die «Massnahme 4: Berufsabschluss und Berufswechsel für Erwachsene» ein. Die meisten der geplanten Massnahmen werden danach bis Ende 2017 abgeschlossen. Die Kampagne «Sensibilisierung Erwachsene und Betriebe» soll Ende Jahr starten.
In der Rubrik «Besondere Probleme» wird ausgeführt: «Eine Herausforderung, die im Projekt und mit den betroffenen Stakeholdern (SECO, BSV, EDK) wiederholt thematisiert, jedoch noch nicht befriedigend gelöst wurde, ist die Finanzierung der indirekten Kosten (Lebenserhaltungskosten). Diese fallen an, wenn eine erwachsene Person noch einen Berufsabschluss erwirbt und hier- für ihr Arbeitspensum reduzieren muss.
Nachholbildung: 250 Angebote - aber eine Vorbereitung für Erwachsene auf einen Berufsabschluss in DE, FR und IT gibt es nur für 6 Berufe.
Berufsberatung.ch, das «offizielle schweizerische Informationsportal der Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung» nennt über 250 Angebote, mit denen sich Erwachsene fehlende Qualifikationen für einen Berufsabschluss (EFZ oder EBA) erwerben können.
Wir haben das Angebot aufgelistet und durchgesehen (hier). Die Hälfte aller Angebote bereitet auf einen von fünf Berufen vor (Kauffrau/Kaufmann, FAGE, FABE, Detailhandelsfachmann/-fachfrau). Im übrigen ist das Angebot beschränkt: Lediglich in sechs Berufen gibt es Angebote in drei Landessprachen(Kauffrau, Detailhandelsfachmann, Logistikerin, Maurer, Fachfrau Hauswirtschaft und Gebäudereiniger), in 33 weiteren in einer oder zwei Sprachen. Bei allen übrigen Lehrberufen sind Erwachsene darauf angewiesen, sich autodidaktisch vorzubereiten oder – wenig effizient – als Hörer am Berufsfachschulunterricht der normalen Berufslehre teilzunehmen. (Und je nach Kanton noch Schulgeld dafür zu bezahlen.)
Offiziell gibt es ja für Erwachsene vier Wege zur Vorbereitung auf ein EFZ oder ein EBA. Das ist Theorie: Wenn ein erwachsenengerechtes Qualifizierungsangebot für die Berufstheorie existiert, dann ist es für einen oder bestenfalls für zwei der vier Wege optimiert, so dass die tatsächliche Auswahl noch kleiner wird.
Soll die Zahl der Abschlüsse von Erwachsenen ohne arbeitsmarktrelevante Ausbildung wirklich wachsen, muss bei der Finanzierung etwas geschehen. Das ist heute wohl unbestritten. Aber auch das Bildungssystem ist gefragt: Ein erwachsenengerechtes Qualifizierungsangebot von ausreichender Breite verlangt eine Annäherung der vier Wege damit die Qualifikationsangebote bei allen drei erwachsenengerechten Wegen eingesetzt werden können. Weiter ist eine interkantonale Koordination der Angebote dringend. Bisher haben sich die Kantone diesbezüglich auf das Angebot für Jugendliche, die reguläre Berufslehre, und das wenig benutzte Validierungsverfahren beschränkt.
Allgemeinbildender Unterricht vorholen
Erwachsene, die einen ersten Berufsabschluss erwerben wollen, müssen in der Regel noch den allgemeinbildendem Unterricht (ABU) nachholen. In verschiedenen Kantonen kann dies bereits in der Planungsphase erfolgen, also bevor Ausbildungsweg, Ausbildungsplatz, Finanzierung etc. endgültig festgelegt sind. Berufsfachschulen bieten dazu einjährige Lehrgänge an, umfassend je einen Abend pro Woche, die im Rahmen des Lehrgangs abgeschlossen werden. So stellen Interessierte relativ früh fest, ob sie die Belastung einer berufsbegleitenden Ausbildung bewältigen. Die Qualifikationsphase wird entlastet und ein erster Teil des Qualifikationsverfahrens kann bereits erledigt werden.
Hier zwei Beispiele:
Im Kanton Aargau bieten zwei Berufsfachschulen einschlägige Kurse an, die für Interessenten aller Berufe offen sind, die BF Gesundheit und Soziales in Brugg und das Landwirtschaftliche Zentrum Liebegg in Gränichen. Interessierte müssen in einem Test ihre Deutschkenntnisse unter Beweis stellen, wobei Niveau B1 gem. Europäischem Referenzrahmen verlangt wird. Sie können also in dieser Zeit auch noch ihre Sprachbeherrschung verbessern, wird doch für den berufskundlichen Unterricht Niveau B2 empfohlen. Die Lehrgänge umfassen 170 Lektionen, das Schulgeld wird in vielen Fällen vom Kanton übernommen.
Im Kanton Zürich führt vor allem EB Zürich ein einschlägiges Angebot, ergänzt durch einen halbjährigen Intensivkurs für Personen, bei denen bereits ein Validierungsverfahren im Gang ist. Die Lehrgänge umfassen 120 Lektionen und kosten 1200 CHF. Andere Bildungszentren bieten Kurse an, die in der Regel in der Qualifizierungsphase besucht werden, so das ZAG in Winterthur (78 Halbtage).
Neue Leitfäden für die Berufsbildung von Erwachsenen sind erschienen bzw. in Vorbereitung
An der SBFI-Tagung: Berufsabschluss für Erwachsene vom 27. September 2017 stellte Toni Messmer, Ressortleiter Berufsentwicklung, das gleichentags publizierte «Handbuch Berufliche Grundbildung für Erwachsene» vor (Präsentation). Es geht davon aus, dass jede Grundbildung drei Phasen umfasst: Bildung > Zulassung zu einem Qualifikationsverfahren > Qualifikationsverfahren.
Die Bildung kann in einem Betrieblich organisierten Bildungsgang, in einem Schulisch organisierten Bildungsgang oder durch Nicht formalisierte Bildung erfolgen, wobei jede dieser drei Wege in verschiedenen Varianten möglich ist. Das gleiche gilt für die zwei andern Phase einer Bildung, vgl. die folgende Abbildung (hier grösser)
Vorhandene Bildungsleistungen sollen und können immer angerechnet werden:
- Dispensation von Unterrichtsteilen, in der Kompetenz der anbietenden Institution
- Dispensation von Prüfungsteilen, wofür der jeweilige Kanton ermächtigt ist
- zusätzliche individuelle Verkürzung der Bildungsdauer - auch dies in der Verantwortung des Kantons.
Ein weiteres Handbuch, das sich mit Planung und Begleitung der beruflichen Grundbildung für Erwachsene befasst, ist in Vorbereitung. Ein neuer Leitfaden zur Validierung soll in der ersten Hälfte 2018 fertig gestellt werden. Er soll wesentlich breiter ausgerichtet sein, und er soll einfacher werden.
2018/19 führt der Bund eine Kommunikationsoffensive zur Berufsbildung für Erwachsene durch.
Das SBFI ist daran ein Mandat zu vergeben für eine zielgruppenspezifische Kommunikationsoffensive zum Berufsabschluss für Erwachsene. Sie soll Anfang 2018 bis Ende 2019 durchgeführt werden. Geplant ist u.a. die Entwicklung von Kommunikationsinstrumenten um Betriebe und Erwachsene für den Berufsabschluss für Erwachsene zu sensibilisieren.
Quelle: SBFI-Tagung: Berufsabschluss für Erwachsene, 27. Sept. 2017
Basler Pilotprojekt Enter: Einsparungen für die Sozialhilfe ab dem 5. Jahr
Evaluationsberichte gehören nicht zu meiner Lieblingslektüre. So bequemte ich mich erst nach einem Gespräch mit Benedikt Arnold, Leiter Gap Basel, wenigstens das Kapitel «Die Kosten von Enter und die voraussichtlichen Einsparungen» des Evaluationsberichts zum «Pilotprojekt: Enter – vom Bittgang zum Bildungsgang» vom Juni 2016 zu studieren.
Es enthält Berechnungen zu den «Projektkosten» die im Rahmen des 2. Durchlaufs der Pilotprojektes entstanden sind und Angaben zu den prognostizierten Einsparungen, die erzielt werden:
Die schlechte Nachricht: Die Projektkosten betragen für 14 Teilnehmende 420’000 CHF
Die gute Nachricht: Es kann erwartet werden, dass diese Kosten bereits fünf Jahre nach Beginn der Ausbildung amortisiert sind und dass der Kanton nach acht Jahren bereits rund 217’000 CHF eingespart hat, wie folgende Grafik zeigt:
Hier einige Angaben aus der Berechnung dieser Zahlen, entnommen dem oben erwähnten Evaluationsbericht:
- Sozialhilfe, Berufsberatung, Gewerbeverband, CM Enter (Projektleitung und -durchführung) und Amt für Ausbildungsbeiträge wenden für den zweiten Durchlauf des Projekts zusammen 3188 Stunden auf, entsprechend 420’000 CHF. (Tabelle 6 im Bericht)
- Die 13 TN des Projekts benötigen für die Bestreitung ihres Lebensunterhalts weitere der Ausbildung 1,081 Mio CHF. Davon werden aus Sozialhilfe und Stipendien 787’0000 CHF bestritten. (Tabelle 7)
- Dies führt zu Kosten für die ersten fünf Jahr von 1,531 Mio CHF. (Tabelle 10)
- Ohne Enter hätten die 13 Personen in dieser Zeit Kosten von 1,423 Mio CHF verursacht, umfassend Existenzsicherung von 1,22 Mio und Personalkosten (Sozialhilfe) von 0, 202 Mio CHF. (Tabelle 10)
- Somit Mehraufwand infolge Teilnahme an Enter von 108’000 CHF. (Tabelle 10)
- Im 6. Jahr (nach Eintritt aller Absolventen ins Erwerbsleben) entsteht ein Nettonutzen von 138’000 CHF (Tabelle 10)
Im Aargau werden Erwachsene in der Nachholbildung durch Mentor/innen begleitet.
«Sie möchten einen beruflichen Abschluss nachholen, haben aber wenig Geld und wissen nicht, wie Sie Ausbildung und Familie organisieren sollen? Dann könnte dieses kostenlose Angebot das Richtige für Sie sein!»
Diese Ankündigung kennzeichnet die Arbeit im Aargauer Pilotprojekt «Nachholbildung für alle», die wir hier dargestellt haben. Es wurde nun ins normale Angebot der «Beratungsdienste für Ausbildung und Beruf Aargau, ask!» überführt, einem Verein, dem der Kanton Aargau die Berufsberatung übertragen hat. Es steht allen Einwohnerinnen und Einwohnern des Kantons Aargau zur Verfügung.
15% der Betriebe mit freien Lehrstellen würden auch Erwachsene als Lernende aufnehmen.
Im April ruft ask! jeweils die Aargauer Betriebe an, die im Lehrstellennachweis noch offene Lehrstellen ausweisen. Dieses Jahr waren es rund 1000 Betriebe. Erstmals wurden sie gefragt, ob sie auch Erwachsene aufnehmen würden. Diese Frage wurde von rund 15% der Betriebe positiv beantwortet. (Quelle, Seite 2)
Die gute Nachricht lautet somit: Es standen im April 17 im Aargau noch rund 150 Ausbildungsplätze für Erwachsene zur Verfügung.
Die schlechte: Für Erwachsene ist die Suche nach einem Ausbildungsplatz rund achtmal schwieriger als für Jugendliche, den nur 15% aller Betriebe mit freien Lehrstellen ziehen auch erwachsene Bewerber in Betracht.
Entstehung und Entwicklung des Validierungsverfahrens im 20. Jahrhundert
Am 29. November 2011 führte die Conférence romande de la formation continue eine Tagung zum Thema «Validation des acquis» durch. Unter anderem sprach dort Christian Bonvin, Office d’orientation scolaire et professionnelle du Valais romand, über die Entwicklung der Validierung. Er zeigte auf, wie sich der Gedanke der Validierung von Kompetenzen im letzten Jahrhundert in Kanada, den USA und Frankreich entwickelt hat - mit dem ersten Ausläufer in die Schweiz 1985 in der Form der in Genf realisierten «bilans de compétences et l’accès à l’enseignement supérieur». Wie dann in den 90-er Jahren die Arbeit auch in der Schweiz aufgenommen wurde, nicht zuletzt mit der Realisierung der «reconnaissance institutionnelle» (RI) 1997 im Kanton Wallis, basierend auf der Zusammenarbeit von Berufsberatung und Arbeitsmarktbehörde.
Pilotprojekt Integrationsvorlehre des Bundes: Tagungsdokumentation verfügbar
Ab 2018 soll die Integrationsvorlehre Flüchtlingen den Einstieg in die Berufswelt erleichtern und sie auf eine Berufslehre vorbereiten. Am 27. April 2017 haben das Eidgenössische Hochschulinstitut für Berufsbildung und das Staatssekretariat für Migration vor rund 200 Teilnehmenden das Pilotprojekt vorgestellt und die damit verbundenen Herausforderungen beleuchtet, vgl. Dokumentation und Medienmitteilung.
Vorerst startet ein vierjähriges Pilotprogramm mit dem Ziel, 800 bis 1000 Plätze zur Verfügung zu stellen.
Die Glarner Landsgemeinde stimmt der Förderung der Nachholbildung zu.
Gemäss Antrag der Landrats hat die Landsgemeinde des Kantons Glarus am 5. Mai 2017 einer Änderung des Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über die Berufsbildung vom 6. Mai 2007 zugestimmt. (Memorial) Danach soll neu der Kanton neben dem schulischen Teil auch bei den weiteren Kosten der beruflichen Grundbildung (zusätzlich zu den Leistungen der Lehrbetriebe) einen Anteil nach interkantonalen Ansätzen übernehmen. Bei Personen ohne Lehrvertrag soll zudem der Kantonsanteil erhöht werden können, da die Leistungen der Ausbildungsbetriebe entfallen. (EG BBG, Art. 7)
Der Landrat hat die Notwendigkeit einer Gesetzesänderung wie folgt begründet:
• Tiefe Bildungsquote: Im Kanton Glarus kann ein Viertel der zwischen 25- und 65-Jährigen keinen förmlichen Ausbildungsabschluss vorweisen. Die heutige Praxis der kantonalen Kostenbeteiligung zur Unterstützung alternativer Ausbildungswege ist widersprüchlich oder zum Teil gar willkürlich.
• Erwachsene ohne oder mit nicht mehr marktkonformem Lehrabschluss: Zu den 25 Prozent ohne Ausbildungsabschluss kommen jene, die zwar über einen Lehrabschluss verfügen, deren Ausbildung aber nicht mehr arbeitsmarktkonform ist.
Die PH Zürich führt 2017 wieder sechs Abendveranstaltungen zur Berufsbildung für Erwachsene durch.
Seit 2014 führt die PH Zürich jährlich sechs Abendveranstaltungen zur Berufsbildung für Erwachsene durch, die anschliessend meist zusammengefasst und publiziert werden. Der vorliegende Beitrag listet die 2017 durchgeführten Veranstaltungen auf und nennt Links zu Präsentationen und Zusammenfassungen. Zusamenfassungen der Vorträge und Dokumente aus früheren Jahren finden Sie unter 2016 2015 2014.
Programme der Kantone Bern und Solothurn
10. Januar 2017
Der Kanton Bern hat ein Konzept zur Förderung des Berufsabschlusses entwickelt, das von der Projektleiterin Maja Huber vorstellt wurde.
Präsentation Zusammenfassung
Das Schweizer Fernsehen hat mehrfach über ein Angebot aus dem Kanton Solothurn berichtet: die Vorbereitung von Schichtarbeitern auf den Abschluss als Produktionsmechaniker. Weiter ist das Angebot des EBZ Olten bekannt. Renato Delfini, der von Anfang an dabei war, gab eine Übersicht über die Aktivität im Kanton Solothurn, beispielsweise wie es möglich war, dass der Kantonsrat im Rahmen einer Spar(!)debatte die Gebühr für die Zulassung zur Nachholbildung nicht erhöht, sondern gestrichen hat!
Präsentation Zusammenfassung
Ausbildungschancen für Erwachsene in der Arbeitswelt
13. März 2017
Wer eine Berufsausbildung nachholen will braucht einen Ausbildungsplatz. Meist sogar zwei: eine Berufsfachschule und einen Ausbildungsbetrieb. An diesem Abend ging es um die Frage, welche Unternehmen bereit sind, auch Erwachsene in die Ausbildung aufzunehmen. Cäcilia Märki, Dachverband der Weiterbildung SVEB, untersucht, welche Betriebe «Chancengeber» sind, was sie auszeichnet und was sie erwarten.
Véronique Polito, Mitglieder der Geschäftsleitung der UNIA, die sich seit Jahren mit Berufsbildungsfragen befasst, vertrat an diesem Abend die Arbeitnehmerseite. Präsentation C. Märki Präsentation V. Polito Zusammenfassung der beiden Vorträge
Berufsbildung für Erwachsene: Neue Ansätze in den Kantonen Zürich und Tessin
18. Mai 2017
Der Kanton Zürich entwickelt – mit Unterstützung des Bundes – sein System zum Erwerb von Abschlüssen durch Erwachsene weiter. Christina Vögtli, MBA Zürich, berichtet über erste Ergebnisse des von ihr geleiteten Zürcher Projekts «Nach- und Höherqualifizierung auf der Ebene der beruflichen Grundbildung» Download Präsentation
Was läuft eigentlich bezüglich der Berufsbildung für Erwachsene im Tessin? Dieser Kanton entwickelt immer wieder eigene, überraschende Ansätze, wenn es um die Weiterentwicklung des Bildungssystems geht. Furio Bednarz, Divisione della formazione professionale, berichtet (in Deutsch) vom Tessiner Projekt «Zweite Chance» und anderen einschlägigen Massnahmen. Download Präsentation
Zusammenfassung der beiden Vorträge
Wirksame Begleitung der Lernenden - Vorstellungen und Erfahrungen
29. Juni 2017
Emil Wettstein, Berufsbildungsprojekte, berichtet eingangs über die für «Modell 2025» angestellten Überlegungen zur Begleitung von Erwachsenen während der Planung und der ergänzenden Ausbildung von Erwachsenen auf dem Weg zum Berufsabschluss.
Präsentation Referat (ergänzt)
Anschliessend werden zwei Begleitangebote vorgestellt:
- Fabienne Hostettler, RealisAction, begleitet im Rahmen von frac Biel-Bienne seit Jahren Erwachsene bei der Realisierung ihrer Berufsausbildung, u.a. auch für die Stanley Thomas Johnson Stiftung Bern (vgl. Vortrag vom 12. September). Präsentation Zusammenfassung
- Mathias Zimmermann stellt die «Abendeinheiten» vor, der Begleitung von Erwachsenen im Rahmen des Programms proBIP DUAL in Schlieren. Präsentation Zusammenfassung
Entwicklung und neue Ansätze in der Berufsbildung für Erwachsene
12. September 2017, 17:15 – 19.00 (Ort, Zeit, Anmeldung)
«2. Chance für eine 1. Ausbildung», ein Pilotprojekt der Stanley Thomas Johnson Stiftung Bern. Guido Münzel, Geschäftsleiter der Stiftung, berichtet über die ersten 18 Monate nach Start des Projekts und zieht eine erste Zwischenbilanz.
Berufsbildung für Erwachsene aus der Sicht der Berufsbildungsämter. Beat Schuler, Leiter des Amts für Berufsbildung Zug und Präsident der Koordinationsgruppe Berufsabschluss für Erwachsene der Schweizerischen Berufsbildungsämter-Konferenz berichtet aus seinem Kanton und aus der Arbeit der Koordinationsgruppe.
Forschung zum Berufsabschluss für Erwachsene
30. November 2017, 17:15 – 19.00 (Ort, Zeit, Anmeldung)
Das SBFI hat 2016 zwei Untersuchungen in Auftrag gegeben:
- Bedürfnisse der Arbeitgebenden
- Befragung der Absolventinnen und Absolventen
Die Projektleiterin, Irene Kriesi, EHB, wird berichten, welche Erkenntnisse zu den Bedürfnissen der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gefunden wurden. Sabina Schmidlin, across•concept GmbH, und Martin Schmid, PH FHNW, werden die Resultate der Befragung von Absolventinnen und Absolventen darstellen.
Job caddie - Unterstützung bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz, auch für Personen über 25 Jahren.
Im Raum Zürich unterstützt «Job Caddie Zürich» seit neun Jahren Personen bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz, während der Ausbildung und beim Berufseinstieg. Gemäss Website richtet sie sich an Personen unter 25, doch würden auch ältere unterstützt, wenn es um die Suche nach einem Ausbildungsplatz gehe, berichtet der Co-Leiter, Andrea Ruckstuhl.
Die von der Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft SGG finanzierten Stelle arbeitet mit rund 130 Mentorinnen und Mentoren, koordiniert von einer Leitung mit 200 Stellenprozent. Zurzeit werden rund 400 Personen betreut, darunter etwa 20 Erwachsene ab 25 Jahren. «Job Caddie Zürich» versteht sich als Ergänzung der Berufs- und Laufbahnberatung und wird aktiv nach Abschluss der Berufswahlphase.
Viele Erwachsene würden von amtlichen Stellen an «Job Caddie» verwiesen, weshalb die Finanzierung des Lebensunterhalts während der Ausbildung eher selten zum Problem würde. Unterstützung sei vor allem bei der Suche nach einem geeigneten Ausbildungsweg und einem Ausbildungsplatz erforderlich. Oft zeige sich auch, dass der Berufswahlentscheid nicht gefestigt sei und dass Lücken in den Schulkenntnissen Probleme verursachten.
Job Caddie-Stellen gibt es seit einiger Zeit auch in den Regionen Zug und Bern.
Es tut sich was: Handbuch Berufliche Grundbildung für Erwachsene, Validierung Medizinische/r Praxisassistent/in EFZ, Plakatwerbung
Es scheint, dass 2017 Einiges in Gang kommt:
- Das SBFI unterbreitet ein «Handbuch Berufliche Grundbildung für Erwachsene» zur Stellungnahme (Download, Frist bis 15. Mai 2017).
- Der Kanton Zürich bietet für Interessierte aus der ganzen Deutschschweiz ein Validierungsverfahren für den Erwerb des Abschlusses «Medizinische/r Praxisassistent/in EFZ» an. Am 16. März findet/fand der erste «Obligatorische Informationsanlass» für Interessierte statt. (Mehr dazu beim biz Oerlikon).
- Das Laufbahnzentrum der Stadt Zürich wirbt mit Plakaten im Weltformat für eine kostenlose Beratung.
Hoffen wir, dass sich auch finanziell einiges tut: Wer über die nötigen Qualifikationen verfügt kann sich diese via Validierung oder direktem Zugang zur Abschlussprüfung mit bescheidenen Kosten anerkennen lassen. Wer aber einen grossen Teil der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten zuerst erwerben muss, ist auch als Erwachsener meist gezwungen eine Berufslehre zu absolvieren. Zwar wird der Lehrlingslohn oft etwas angehoben. Aber es entsteht trotzdem ein fünfstelliges Loch bei der Finanzierung des Lebensunterhalts. Glücklich, wer dieses Loch via Sozialhilfe oder Arbeitslosenversicherung schliessen kann. Viele Interessierte scheitern heute aber an diesem Problem, vor allem wenn sie eine Familie zu ernähren haben!
Werbemittel für die Westschweiz
Das Schweizerisches Dienstleistungszentrum Berufsbildung | Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung SDBB (Shop) hat zwei sehr ansprechende Werbemittel für die Westschweiz herausgegeben. Beim einen Flyer geht es um die Grundkompetenzen, beim andern um die Anerkennung von Abschlüssen. Eine inhaltliche Besonderheit: Neben der «Validation des acquis» wird - entsprechend der Tradition in der Westschweiz - separat die Möglichkeit zum «Valoriser son expérience professionnelle» erwähnt.
Die zweite Broschüre ist übrigens auch in Deutsch lieferbar. (Download)
Motion (NR) Förderung der Grundkompetenzen bei älteren Arbeitnehmenden
Der Bundesrat soll beauftragt werden, Massnahmen zu ergreifen, damit die Kantone die Grundkompetenzen älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fördern und die über das WeBiG dafür vorgesehenen Gelder beim Bund abholen. (Motion, Matthias Aebischer und Mitunterzeichnende, 15.12.16, Geschäft 16.4077)
Update 2.2.17:
In seiner Stellungnahme vom 1. Februar weist der Bundesrat darauf hin, dass die Schweiz im Quervergleich mit den OECD-Staaten bei älteren Personen eine der höchsten Erwerbstätigenquoten aufweist und auch eine besonders hohe Teilnahme von älteren Arbeitnehmenden an Weiterbildung verzeichnet. Er sei sich auch den spezifischen Herausforderungen älterer Arbeitnehmender bewusst. In diesem Rahmen werde auch die Förderung von Grundkompetenzen thematisiert. Im Rahmen der Umsetzung des Weiterbildungsgesetzes engagiere sich der Bund gemeinsam mit den Kantonen für den Erwerb und Erhalt von Grundkompetenzen Erwachsener.
Aufgrund der laufenden Arbeiten erachtet der Bundesrat das Anliegen des Motionärs als erfüllt und beantragt darum die Ablehnung der Motion.
Motion (NR) Stipendien- und Darlehenssystem für Weiterbildungsmassnahmen älterer Arbeitnehmenden
Mit dieser Motion soll der Bundesrat beauftragt werden, das Stipendien- und Darlehenssystem für ältere Arbeitnehmende auszubauen. (Motion, Matthias Aebischer und Mitunterzeichnende, 15.12.17, Geschäft 16.4076)
Update 2. 2. 17:
In seiner Stellungnahme vom 1. Februar weist der Bundesrat darauf hin, dass die Schweiz im Quervergleich mit den OECD-Staaten bei älteren Personen eine der höchsten Erwerbstätigenquoten aufweist und auch eine besonders hohe Teilnahme von älteren Arbeitnehmenden an Weiterbildung verzeichnet. Er sei sich auch den spezifischen Herausforderungen älterer Arbeitnehmender bewusst und habe darum u.a. das WBF beauftragt, bis Ende April 2017 Konzepte für eine allfällige finanzielle Unterstützung von Weiterbildungen zu entwickeln, für geringqualifizierte Erwerbstätige und insbesondere ältere Arbeitnehmende. Das Instrument «Stipendien und Darlehen» werde allerdings nicht weiterverfolgt, da damit die Arbeitsmarktrelevanz nicht optimal sichergestellt werden könne und es zudem weitestgehend in die Zuständigkeit der Kantone falle.
Aufgrund der laufenden Arbeiten erachtet der Bundesrat das Anliegen des Motionärs als erfüllt und beantragt deshalb die Ablehnung der Motion.